Peter Gerwin Hoffmann


MEDIEN-KRIEG
Inflationäres Flimmern im Hirn

„Die „Kunststraße 93“, das Projekt von Utopia und der Galerie Medienkunst Tirol zum Thema „Stadt-Raum-Medien-Klang“, verdient zur Zeit wohl die größte Aufmerksamkeit. Sieben Künstler (aus Österreich, Spanien, BRD, Schweiz) nehmen daran teil, darunter der Grazer Peter Gerwin Hoffmann. „Medien-Krieg“ heißt sein Beitrag auf dem Landhausplatz beim Friedensdenkmal in Innsbruck.
„Pro libertate austriae mortuis“ (Den für Österreichs Freiheit Gestorbenen) prangt auf dem Monument. Ein Gerüst trägt zum Zeichen reuzierte Monitore, deren „Schirme“ die Logos von 12 TV-Anstalten zeigen: CNN, ZDF, ARD, ORF, etc. Den Landhausplatz selbst teilt die unsichtbare Grenze eines Lasers. Täglich zur Zeit der ZiB, von 19.30 bis 20 Uhr, lösen Passanten beim Überqueren des Platzes den Geräuschbogen des Abschusses, Flugs und Einschlags einer Granate aus; bei der Detonation blitzen die TV-Logos auf und erzeugen so das typische Flimmern der Bildschirme.
Einen „Medienkrieg“ nennt Hoffmann den Krieg in Ex-Jugoslawien, und verweist dabei auf eigens für die Telepräsenz unternommene Operationen. So verwandelte sich „in einem Krieg, in dem das beherrschende Medium unserer Kultur als Waffe eingesetzt wird, jede Nachricht über das Kriegsereignis, das uns im Wohnzimmer erschüttert, zur Granate. Sie detoniert an einem Kriegs-Schauplatz.“ Das Gesetz der Abstumpfung, der Einschaltziffern, hat noch größere Greuel zur Folge: „Die nachricht über die Tat wird selbst zur Tat, da sie weiter Taten auslöst.“ Im inflationären Flimmern, der schieren Gehirnmassage der Informationen, lösen sich die Inhalte (Botschaften: engl. message) auf. Im psychodelischen Environment gleiche der Informationskonsumenteinen Süchtigen. Und: der Zeuge wird zum träger der Ereignisse.“

aus: Kronenzeitung, Freitag, 27. August 1993, Heimo Ranzenbacher